Nachdem ich für den Besuch der Strecke Thouars – Beuxes in der Region Deux-Sèvres war, lag auch ein Trip zur Strecke von St-Varent nach Parthenay in greifbarer Nähe. Auch schon 2021 war ich hier, musste diese geplante Wanderung…
Viaduc de Saint-LoupEine doppelte Aufnahme bei Bahnübergang 294 mit der Aussicht aus Saint-Loup.Der Bahnhof von Airvault ist gleichtechnisch der größte Bahnhof entlang der besuchten Strecke. Für das lokale Cementwerk und den Anschluß an ein Getreidesilo waren mehrere Gleise notwenig.
Der Bau zum Bahnhof von Airvault wurde im Jahr 1882 in Auftrag gegeben und am 16. Oktober 1882 in Betrieb genommen. Als Kreuzungsbahnhof ist er seit 1884 auch der Ursprung der Linie von Airvault-Gare nach Moncontour (seit 1954 ohne Verkehr und stillgelegt). Da der Bahnhof wegen seiner erwarteten Größe auf einem Plateau errichtet wurde, befindet er sich 2 Kilometer außerhalb des Ortes von Airvault. Nach mehreren Anfragen wurde schließlich dem Bau einer kleinen Haltestelle direkt an einem Bahnübergang beim Ortskern zugestimmt. Dieser zusätzliche Haltepunkt wurde dann Aivault-Ville genannt. Ab dem Jahr 1939 lenkte die neue Staatsbahn SNCF den Fernverkehr Paris – Bordeaux über die Alternativstrecke der PO-Gesellschaft. Am Bahnhof von Airvault hielten seitdem nur noch regionale Züge.
Am Bahnhof von Airvault waren auf den Nebengleisen viele alte Relikte früherer Zeit erhalten geblieben. Manches davon ist wirklich nur noch sehr selten zu finden. Abgesehen von Schienen aus den 1880er Jahren war auch ein meachanischer Knallkapsel-Auslgeger zu sehen. Auf bisher über 3.000 km Streckenwanderungen ist dies erst der 4. der mir begegnet ist. Ein Ausfahrsignal im Bahnhof Airvault.Nördlich vom Bahnhof Airvault überquert die Bahnlinie auf einer Brücke die Ortsumgehungsstraße. Die Brücke entstand als Neubau, da die alte Unterführung, nur knapp 100m weiter, für die neue Straße viel zu klein war. Durch einen glücklichen Zufall entdeckte ich oben vom Bahndamm aus ein großes rundes Gebilde weiter unten neben dem Bahndamm. Ohne Rucksack kletterte ich vorsichtig den steilen Damm herunter und war erst ratlos was ich da wohl gefunden hatte. Es sah aus wie ein riesiges Rad von einem Fahrrad. Knapp 3 Stockwerke hoch. Vorsichtig erkundete ich das Gelände, fand weitere Gebäudereste und Maschinenteile. Immer wieder musste ich durch einen kleinen Bach. Jeder Schritt musste gut überlegt sein. Der Bach war scheinbar künstlich hierher verlegt und wurde dann in einem Durchlass unter dem Bahndamm hindurch auf die andere Seite der Bahnstrecke geführt. Es scheint sich um eine Art Mühle gehandelt zu haben, die über ein riesiges Wasserrad aus Metall angetrieben wurde. Nachforschungen zu weiteren Details folgen noch. Weder im Internet (Google) noch über Luftbilder konnte ich weiterführende informationen oder Fotos finden.Den kleinen Haltepunkt Airvault-Ville sucht man heute im Jahr 2022 fast vergebens. Das kleine Gebäude wurde Mitte der 1880er Jahre zusätzlich errichtet, da der eigentliche Bahnhof für die Dorfbewohner zu weit abseits lag. Nach langen Verhandlungen wurde das Gebäude nochmals erweitert, um auch Postsendungen anzunehmen. Die Aufwertung zu einem vollwertigen Bahnhof (mit Güterschuppen und Verladerampe für Vieh an einem eigenen Ladegleis) wurde von der Eisenbahngesellschaft stets abgelehnt. Irgendwann nach Einstellung des Pesonenverkehrs wurde das Gebäude dann restlos abgerissen.Bahnübergang Nummer 290 in Airvault. Beim Rückbau des zweiten Streckengleises wurde nach heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen abwechselnd mal das linke oder rechte Gleis abgebaut. Dort wo das Gleis schließlich entfernt wurde, entstand für die Bahnmitarbeiter ein praktischer Wartungsweg. Immer dort wo das verbliebene Gleis von einer Seite auf die andere rüberschwenkt, wurde ein kleiner Überweg eingerichtet. Auf dem 60m langen Viaduc d’Airvault. Von der Seite sieht man die massiven Brückenbalken. Die Schienen sind garnichtmal so alt. Hinter dem Viaduc d’Airvault wechselt das Streckengleis wieder von der rechten Seite hinüber zur linken Seite. Der Fußweg neben der Strecke wechselt also auch wieder die Seite. Durchlässe an der Strecke wurden teilweise aufwändig abgesichert, sind auch immer recht aktuell freigeschnitten und werden regelmäßig kontrolliert. Aufgestautes Wasser könnte hier bei einer Verstopfung den Bahndamm beschädigen.
Ein Stück Schiene steckt im Boden und läßt mit etwas Laub und Schottersteinen auch wieder das Walzzeichen sichtbar werden. Wir sehen den Namen „St JACQ„. Die Schiene stammt aus dem Jahr 1883.Strekenkilometer 343: Die Pont sur la Cendronne, 34m lang. Eine alte Aufnahme aus dem Jahr 1886 war im Online-Archiv auf https://gallica.bnf.fr zu finden. Bei Bahnübergang 288 treffe ich überraschend auf einen kleinen Bahnsteig. Offensichtlich hat sich hier früher ein Haltepunkt befunden. Am Bahnsteig selbst und auch am Schrankenwärterhaus war allerdings kein Stationsschild mehr zu finden. Nachträgliche Recherche im Internet brachte den Stationsnamen dann doch noch zu Tage: „Grand Moiré„ Streckenkilometer 342. Die Tafeln waren überwiegend recht klein und entsprechend schnell zugewachsen. Im Hochsommer wird man sie nur noch schwer sehen können. Ausblick in die Ferne.Die Brücke der neuen D938 Ausbaustraße kommt in Sichtweite. Und plötzlich ist das Gleis wieder stark vom Rasen durchzogen. Ein erstes Lichtsignal kündet den Bahnhof von Saint-Varent an. Offensichtlich stehen die Stromleitungen noch unter Strom und die Gleiskontakte der Bahnübergänge sind weiterhin aktiv. Um eine versehentliche Aktivierung der Schranken auszuschließen, wurden die Kontakte durch zwei halbe Blechtonnen abgedeckt. Und dann sehen wir die erste signaltechnische Unterbrechungsstelle. Zu einer Haltscheibe mit einem roten Baustellenlicht(?) wurde zusätzlich noch eine Knallkapsel auf den Schienenkopf geklemmt. Die quadratische Scheibe befiehlt den Halt und darf unter keinen Umständen überfahren werden.Wenige Meter weiter ist dann auch das Schwellenkreuz mit einer weiteren Haltescheibe im rot-weißen Schachbrettmuster. Das Gleis dahinter sieht dann auch gleich viel besser aus. Vom Bahnhof Saint-Varent aus existiert ein rund 2,5 Kilometer langes Anschlußgleis zum Steinbruch Carriere Roy La Noubleau. Die hier beginnenden Güterzüge müssen bei Fahrtrichtung nach Bordeaux einen großen Umweg fahren. Würde die Strecken ach Parthenay (wie geplant Ende 2023) wieder geöffnet, würde dieser Umweg entfallen. Im Bahnhof Saint-Varent existieren noch heute mehrere Gleise. Die im Steinbruch Carriere Roy La Noubleau beladenen Güterwagen beginnen ab Saint-Varent ihren Zuglauf zum Bestimmungsort. Das Bahnhofsgebäude ist bewohnt. In einem am Bahnhof gelegenen Hundezwinger entstand durch meine Anwesenheit ein lautes Hundegebell, weswegen ich es vorzog, meinen Aufenthalt am Bahnhof so kurz wie möglich zu halten.Nach Abschluß der Streckenwanderung mit Erreichen von Saint-Varent, konnte ich ein weiteres Häcken auf meiner to-do Liste setzen. Nach Übernachtung am Sportplatz in Saint-Varent und einem morgentlichen Besuch beim Supermarkt, ging es wieder zurück zur Bahnlinie. Mit dem Bus nach Thouars fahren war wegen des dünnen Fahrplanangebotes eher keine Option. Entlang der Straßen zu wandern war ebenfalls nicht sehr angenehm. So blieb mir der kleine Fußweg neben der Bahntrasse als einzig attraktive Möglichkeit. Durch den Rückbau des zweiten Streckengleises war hier stets ausreichend Platz.Bahnübergang Nummer 271. Am Mast mit dem Nummernschild ist ein kleiner Blechkasten zu sehen. Hier werden oft Dokumente der Streckengänger hinterlegt. In einem kleinen Buch wird Protokoll über die Kontrollgänge geführt. Aufnahme vom Viaduc de Conquenuche über den Fluß Thouaret, zwischen den Bahnhöfen Saint-Varent und Saint-Jean-de-Thouars. Aufnahme aus den 1880er Jahren. Bildquelle im Archiv https://gallica.bnf.frKurz vor dem markanten Viaduc sur le Thouet von Gustaf Eifel. Links im Bild das Streckengleis zur Fahrt in Richtung Bressuire und La Roche-sur-Yon.Vor dem Viadukt ist an einer kleinen Baracke wieder eine der Splitterschutzzelle zu sehen. In Thouars müssen wirklich viele davon aufgestellt worden sein. Auch am Bahnhof von Thouars waren mehrere zu sehen gewesen. Über einen langen Umweg durchs Tal am Fluß Thouet entlang, konnte ich das 1871 – 1873 erbaute Viaduc sur le Thouet von beiden Seiten bestaunen. Im Jahr 1887 wurde das Viadukt um eine weitere Fahrbahn erweitert und damit zu einem zweigleisigen Bauwerk vergrößert. 1914 -1915 wurden die ursprünglichen Brückenpfeiler verstärkt und mit Mauerwerk umgeben. 1944 wurde das Viadukt von deutschen Truppen bombardiert und zerstört. Dabei wurde ein Brückenpfeiler gesprengt. Der Wiederaufbau begann 1946. Das Viadukt wurde dabei nur eingleisig wiederaufgebaut. Eine alte Aufnahme zeigt den Zustand des Viadukt vor der Erweiterung um ein zweites Gleis.
Mit der Wanderung unter dem Viaduc sur le Thouet hindurch und der anschließenden Ankunft in Thouars, endete dann auch meine Reise durch das Departement Deux-Sèvres. Mal sehen, was mit den vielen geschossenen Fotos passiert. Eine Auswertung zu einer vollständig bebilderten Streckenwanderung wäre durchaus möglich.
Hallo Christian, habe mal wieder reingeschaut und festgestellt, dass wir die gleichen Walzzeichen fotografiert haben, mein Foto von JACO aus 2004 habe ich im Dateinamen um St. erweitert. Hersteller: St, JAQUES bei Hayange, so meine letzte Kenntnis.
Über meine Seite hat ein Pastor im Ruhestand (nahe Nürnberg) zur mir gefunden, der sich seit seiner Jugend mit Stahlwerken weltweit befasst und immense Kenntnisse dazu hat. Er hat mir schon zu ca.20 Walzzeichen wunderbare Ausarbeitungen vorgelegt. Werde ihn mal auf deine Seite aufmerksam machen, vielleicht meldet ersich ja und füllt die Lücken zu Walzzeichen, wie bei mir.
War wieder schön, Dich auf deinen Streckenwanderungen’zu beleiten‘.
Es juckt mich in den Händen auch mal wieder auf Tour zu gehen, meine Füße wollen aber nicht mehr so, werde in diesem Monat 79, da ist man mehr in Gedanken unterwegs und die Strecken weden kürzer.
Beste Grüße aus Escheburg!
Olaf
Hallo Christian, habe mal wieder reingeschaut und festgestellt, dass wir die gleichen Walzzeichen fotografiert haben, mein Foto von JACO aus 2004 habe ich im Dateinamen um St. erweitert. Hersteller: St, JAQUES bei Hayange, so meine letzte Kenntnis.
Über meine Seite hat ein Pastor im Ruhestand (nahe Nürnberg) zur mir gefunden, der sich seit seiner Jugend mit Stahlwerken weltweit befasst und immense Kenntnisse dazu hat. Er hat mir schon zu ca.20 Walzzeichen wunderbare Ausarbeitungen vorgelegt. Werde ihn mal auf deine Seite aufmerksam machen, vielleicht meldet ersich ja und füllt die Lücken zu Walzzeichen, wie bei mir.
War wieder schön, Dich auf deinen Streckenwanderungen’zu beleiten‘.
Es juckt mich in den Händen auch mal wieder auf Tour zu gehen, meine Füße wollen aber nicht mehr so, werde in diesem Monat 79, da ist man mehr in Gedanken unterwegs und die Strecken weden kürzer.
Beste Grüße aus Escheburg!
Olaf
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Noch mal Olaf.
Bin mit STRATO nicht sehr zufrieden, von welchem Anbieter lebt deine Seite? Wäre das was für mich?
Gruß Olaf
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