Hallo, mein Name ist Christian und dies ist mein Hobby:

Früher gab es den Beruf des Streckenläufers. Dieser Bahnmitarbeiter hatte die Aufgabe, dem ihm zugeteilten Abschnitte einer Bahnstrecke regelmäßig zu Fuß abzugehen und zu kontrollieren. Heute ist dieser Beruf fast ausgestorben. Da meine Tätigkeit – das Wandern am Schienenstrang – jedoch in die gleiche Kerbe fällt, kam mir der Name ganz passend vor. Meine Aktivitäten sind mit dem ins englisch übersetzten Namen „Railwalker“ passend beschrieben. Aber wie kam es dazu?
Seit dem Jahr 2008 unternehme ich regelmäßig Langstreckenwanderungen auf bekannten Fernwanderwegen. Dabei führt mich mein Weg überwiegend nach Frankreich zu den bekannten GR-Wegen. Aber auch in Spanien und auf dem Appalachian Trail in den USA war ich in der Vergangenheit unterwegs. Bei diesen Reisen bin gelegentlich auf alte Bahntrassen gestoßen, die nun zu Rad,- und Fußwegen umgestaltet wurden. Manche dieser Wege beziehen alte Tunnel und Brücken mit ein. Man läuft vorbei an verfallenen Bahnhöfen und leeren Bahnsteigen. Manche Gebäude sind restauriert worden und nun wieder hübsch anzusehen. Andere Anlagen sind zugewachsen, verfallen, geplündert und eingestürzt. Mit unter konnte man sich durch die Hecke schlagen und hier und dort weitere Überbleibsel der Eisenbahn entdecken. Oft dachte ich daran wie traurig es ist, diese vor über 100 Jahren erbauten Verkehrswege nun so zweckentfremdet und ungenutzt vorzufinden. Wie viele Millionen von Arbeitsstunden waren damit verbunden diese Verkehrswege damals durch das Land zu bauen? Um den noch heute sichtbaren Strukturen etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken begann ich, mich mit diesen verwaisten Bahnstrecken näher zu beschäftigen.
Für diese Bodenbeschaffenheit braucht es gute Schuhe Was kommt in den Rucksack? Mehrwöchige Reisen müssen stets gut geplant werden
Nach und nach bin ich dazu übergegangen diese ausgefallenen Wanderwege zu dokumentieren. Fährt auf einer Bahnlinie kein Zug mehr und ist der Unterhalt der Strecke erst einmal ausgesetzt, verbleibt oft nur ein kleines Zeitfenster von wenigen Jahren. Danach haben Gras, Brennnesseln und Dornen – später auch Bäume – den Bahndamm unpassierbar gemacht. In dieser kurzen Zeitspanne versuche ich die Bahnlinien gewissenhaft zu dokumentieren. Mit der Kamera in der Hand habe ich es auf alle zur jeweiligen Strecke gehörenden Bauwerke abgesehen: Tunnel, Brücken, Durchlässe, Stützmauern, Dämme, Bahnsteige, Güterschuppen, Gleise, Weichen & Signale, Telegraphenmasten etc. Alles wird von mir akribisch fotografiert. Über die Jahre habe ich autodidaktisch viel über die verschiedenen Schienentypen, Signalsysteme, Baustile gelernt. Anfangs wusste ich oft nicht welches technische Detail ich da fotografiere oder welchen Nutzen manche Anlagen hatten. Zu meinem Schwerpunkt sind Eisenbahnlinien in Frankreich geworden. Durch meine wiederholten Reisen in diesem Land habe ich eine umfassende Streckenkunde aufgebaut und kenne das aktive und stillgelegte Eisenbahnnetz fast auswendig. Mir sind nun die gängigen Eisenbahngesellschaften bekannt und über die Geschichte der französischen Eisenbahn kann ich inzwischen umfassend referieren.
Ein Teil meiner Bilder wird im Internet als Fotoreportage veröffentlicht, überwiegend im Forum Drehscheibe-Online.de. Im Jahr 2010 sicherte ich mir die Internetseite www.railwalker.de. Unabhängig von dieser Aktivität entsteht nebenbei ein großes Fotoarchiv. Viele der von mir unternommen Wanderungen können schon jetzt nicht wiederholt werden: Viele Bahntrassen sind nun mitsamt der Schienen vollständig zugewachsen. Wer weiß, vielleicht sind meine Fotos irgendwann historisch?
Im April 2010 war dies ein einfacher Spaziergang… … dagegen im Herbst 2012 eine Qual
Nachdem ich mir anfangs nur spezielle herausragende Strecken in einigen wenigen Regionen herausgesucht hatte, bin ich die letzten Jahre dazu übergegangen systematischer Vorzugehen: Auf der to-do Liste landen nun alle Strecken die ohne Zugverkehr sind. Ich versuche so viele wie möglich abzuarbeiten. Die Reisen dauern bis zu 3 Monate jährlich, knapp 1.000 Kilometer liegen damit Jahr für Jahr im Rahmen des Möglichen. Bei dieser Geschwindigkeit gibt es noch viel zu tun, denn das frühere Bahnnetz war eins sehr umfassend. Gelegentlich besuche ich manche Strecken jetzt auch mehrfach. Mein Ziel ist es, den steten Verfall dieser Verkehrswege zu dokumentieren. Durch Vorrecherche mittels alter Luftaufnahmen und Postkarten stöberte ich schon so manchen vergessen geglaubten Gleisanschluß, Wasserturm oder Tunnel wieder auf.
Für meine mehrwöchigen Reiserouten habe ich mir ein eigenes System an Wanderausrüstung erstellt: Bei meinen Wandertouren bin ich nun für mehrere Tage autark. Das bedeutet, zusätzliche zur normalen Zelt-Schlafsack-Ausrüstung immer genug Speicherkarten und Akkus dabei zu haben. Um Zeitverluste durch An,- und Abreisen zu vermeiden campiere ich am Ende eines Tages direkt am Ort des Geschehens: Neben den Gleisen. Am nächsten Morgen geht es dann ohne großen Zeitverlust weiter.