Im Dezember 2017 wurde der Schienenverkehr auf der Strecke von Saint-Pol-sur-Ternoise nach Etaples ausgesetzt. Die Streckengeschwindigkeit war zuletzt auf nur noch 50Km/h gesenkt worden. Wie ich auf meiner dreitägigen Wanderung sehen konnte, wurde ein Teil der Linie zuletzt Anfang der 60er Jahre grundlegend erneuert. Davon zeugen die Schienen und Bi-Block-Betonschwellen, an denen die entsprechenden Jahreszahlen zu finden sind. Es sind wohl gerade diese Betonschwellen die hier Probleme bereiten. Das verbindende Stahlprofil liegt frei und ist durch die salzige Luft der Küstenregion stark angegriffen. Aber auch die Holzschwellen der anderen Abschnitte hätten mittlerweile einen Austausch verdient und sind oft am Ende ihrer Nutzungszeit angekommen.
Die Übersichtskarte der SNCF mit dem Ausschnitt aus der Region Pas-de-Calais.
Zur Zeit meiner Streckenwanderung im Juni 2019 war über eine Wiederinbetriebnahme der Linie noch nicht entschieden worden. Dies änderte sich erst im Herbst 2019. Es wurde nun eine Finanzierung von 51,6 Millionen Euro vereinbart um die Strecke bis Ende 2020 wieder zu eröffnen. Nunmehr ist auch Anfang 2020 mit einer kompletten Modernisierung der Linie begonnen worden. Die Modernisierung beinhaltet die Erneuerung von 88 Bahnübergängen und die Arbeiten an 14 Stationen. Zusätzliches Geld fließt in die anderen beiden Zulaufstrecken nach Saint-Pol-sur-Ternoise. Damit ist der Eisenbahnstern von Saint-Pol-sur-Ternoise erstmal für die kommenden Jahre gesichert. Die Arbeiten sind aber nun durch die Coronapandemie etwas in Verzug geraten.
Morgens ins Saint-Pol-sur-Ternoise
Ca. 2 Kilometer hinter Saint-Pol-sur-Ternoise. Züge sind hier bereits seit 1 1/2 Jahren nicht mehr gefahren. Langsam wächst die Natur über das Gleis.
Detailansicht der Schienenköpfe an einem gelaschten Schienenstoß.
Ausblick auf den Bahnhof von Anvin.
Geschichtlicher Abriss:
Der Plan für eine Bahnlinie wurde mit kaiserlichem Dekret vom 25. Juni 1864 für öffentliche Nutzen erklärt. Im Mai 1869 wurde die Strecke der Compagnie des chemin de fer du Nord als Teil einer Route „von Arras nach Étaples“, durch eine zwischen dem Minister für öffentliche Arbeiten und dem Unternehmen unterzeichnete Vereinbarung zugestanden. Die Compagnie des chemin de fer du Nord bestand bis 1938 und wurde dann in die staatliche SNCF integriert. Entlang der 61km langen Strecke gab es 14 Unterwegshalte. Einige ehemalige Bahnhöfe wurden bereits zu einfachen Haltepunkten zurückgebaut. Anschlüße zu weiteren Bahnstrecken bestanden im Folgenden: in Anvin an die 95km lange Schmalspurstrecke nach Calais (*1881-1882, +++1954-1955) und in Montreuil an die Schmalspurlinie Rimeux – Berck-Plage (55km, *1883-1889, +++ 1955).
Ein Streckenband mit allen Betriebsstellen und Brücken. Quelle: www.wikipedia.fr
1918 erfolgte bei der Stadt Hesdin der Bau einer 25km langen Strecke nach Frévent. Ebenso kurz vor Etaples, hier gab es in Folge beider Weltkriege ein Verbindungsgleis um Etaples zu umfahren. Große Brücken oder gar Tunnel sucht man auf dieser Linie vergebens. Die Topografie ich nicht weiter erwähnenswert, da die Strecke auf den 61 Kilometer von anfangs 90m auf schließlich nur noch 10m über Null abfällt. Die Kriegshandlungen zweier Weltkriege brachten es mit sich, dass die Schienen oft aus verschiedenen Quellen und heute nicht mehr rekonstruierbaren Gründen zusammengestückelt wurden. So finden sich hier auch wieder Schienen, die den weiten Weg aus den USA hierherkamen. Güterverkehr wird es aus der Linie zuletzt wohl keinen mehr gegeben haben. Einige Bahnhöfe behielten zwar ein Ladegleis, jedoch waren diese alle schon seit einigen Jahren nicht mehr genutzt worden.
Entlang der Strecke wurden wegen der desolaten Betonschwellen viele Spurstangen eingesetzt
Blick hinunter auf die Einfahrweiche eines Bahnhofes.
Große Teile des Oberbaus wurde umfassend Anfang der 60er Jahre erneuert und sind nun wieder in die Jahre gekommen.
In Anvin wurde das ehemalige Kreuzungsgleis stillgelegt.
Binnen zwei Wochen veröffentlichte ich meine Fotos auf 13 Kapitel verteilt im Forum auf Drehscheibe-Online.de. Insgesamt sind hier ca. 660 Fotos zu sehen. Die Veröffentlichung erfolgte diesmal recht spät (die Streckenwanderung fand bereits im Juni 2019 statt).
Bitte beachten: Zum Zeitpunkt an dem die Fotos beschriftet wurden, war die Wiedereröffnung der Linie noch nicht absehbar. Einige Bildtexte sind daher nicht mehr aktuell und stellen die Wiedereröffnung der Linie noch in Frage.
Zusätzlich biete ich wie gehabt den direkten Zugang zu den bei Google Fotos hinterlegten Bilderkatalog an. Diese Aufstellung ist wesentlich umfangreicher als der bei DSO veröffentlichte Bildband.
Bezüglich der Streckenwanderung von Troyes nach Villeneuve l’Archevèque ist mir in der Planung ein Fehler unterlaufen. Ich bin davon ausgegangen, dass die Linie im Jahr 2018 ihren Zugverkehr verloren hatte. Zwei Jahre später hier eine Streckenwanderung zu unternehmen sollte also kein Problem sein. Tatsächlich aber habe ich mich im Jahr geirrt. In Wirklichkeit war der letzte Zug schon im Juni 2015 gefahren. Damit erklärte sich dann auch warum mir mehr und mehr die Vegetation eine direkte Wanderung auf der Strecke erschwerte. Glück im Unglück: Die Linie war früher zweigleisig gewesen und nachdem das zweite Streckengleis entfernt worden war, blieb zumindest oft ein kleiner Trampelfpfad neben dem verbliebenen Gleis übrig. Auf den ersten Kilometern trat das Problem noch nicht so zu Tage, aber auf den letzten Kilometern war ich froh über diesen kleinen Ausweichweg. Auf der SNCF Karte des Jahres 2019 ist die Linie noch gepunktet eingezeichnet. Dies bedeutet „(noch) nicht stillgelegt„, aber gleichzeitig „nicht mehr betriebsbereit“.
Wie üblich hier ein kleiner Abriss zur Geschicht der Strecke: Die ursprünglich eingleisige Strecke wurde am 6. Mai 1873 zwischen eröffnet: Von Sens bis Coolus war sie 157km lang (für die Streckenwanderung ist nur der Abschnitt Troyes – Villeneuve l’Archevèque – 42km – relevant). Bereits 1880 wurde die Linie um ein zweites Streckengleis erweitert. Erst gehörte sie der Firma Compagnie du chemin de fer d’Orléans à Châlons, danach bis 1883 der staatlichen État. Diese verkaufte die Strecke Compagnie des chemins de fer de l’Est. Diese wurde dann wiederum mit anderen Firmen zusammen 1938 verstaatlich. Seitdem gehört die Linie der SNCF. Zur gleichen Zeit wurde auf der Strecke der Personenverkehr eingestellt. Ähnliche Vorgänge gab es in dieser Zeit in ganz Frankreich. Auf insgesamt 9.000 Streckenkilometern wurde durch die junge SNCF der Personenverkehr eingestellt um die immer größer werdenden Verluste abzubremsen.
Der Bahnhof von Troyes. Die Bahnhoshalle wird gerade saniert.
Ausblick auf die Linie in Richtung Villeneuve-l’Archevêque
Ein Bahnübergang am Ortsausgang von Troyes.
Brücke über die Schnellstraße D610
An einem der Bahnübergänge. Die erlaubten Geschwindigkeiten waren oft sehr niedrig.
Ein ungenutzter Gleisanschluß im Industriegebiet.
Deutlich zu sehen die Fläche auf der früher das 2. Streckengleis lag.
Ein Stahlhelm. Aber von welcher Armee?
Streckenkilometer 98. Das Gleisbett ist bereits stark verkrautet.
Ein ausgetrockneter Tümpel offenbart wohin gebrauchte Holzschwellen entsorgt wurden
Die Bahnhofsstraße in Fontvannes
Brücke über die „la Vanne“
Camping im Wald bei Fontvannes
Frühstück 🙂
Im Sommer 1944 wurde durch eine Brückensprengung, ausgeführt von deutscher Truppen, die Durchbindung der Linie nach Sens unterbrochen. Die Brücke wurde nach dem Krieg nicht wiederhergestellt. Folglich fuhren die Züge ab 1944 von Troyes aus in eine 67km lange Sackgasse. Nach und nach wurde die Strecke weiter verkürzt und zuletzt bliebt nur noch der Streckenteil bis nach Villeneuve l’Archevèque in Betrieb. Entlang der Linie befanden sich 4 Getreidesilos mit Gleisanschluß. Hier wurde ein saisionaler Verkehr gefahren. Manches Getreidesilos kam früher auf 100 Züge pro Jahr. Dazu kommen 3 weitere Gleisanschlüße für andere Firmen, von denen zwei noch heute zu sehen sind. Der andere Anschluß wurde inzwischen abgebaut. Das geringe Frachtaufkommen stand zuletzt in keinem Verhältnis mehr zu den Betriebskosten. Die Situation verschärfte sich, als nach und nach die Getreidesilos ihren Verkehr auf die Straße verlagerten. Seit dem Jahr 2000 gab es nur noch ein einziges Getreidesilos an der Strecke, dass regelmäßig per Bahn angefahren wurde – eben jenes am Ende der Strecke im Bahnhof Villeneuve l’Archevèque.
Einen Zeitungsartikel über den letzten Getreidezug gibt es hier zu finden:
Die auf der Strecke gefundenen Schienen bieten wieder eine bunte Tüte voller Überraschungen. Verschiedenste Firmen und eine Mischung aus den Jahren zwischen 1882 und 1947. Neuere Schienen waren dagegen sehr selten. Wiedermal wird hier deutlich, wie gering die Investitionen gehalten wurden und wie sehr hier über Jahrzehnte auf Verschleiß gefahren wurde.
Walzzeichen AF.ACIERIES. POMPEY. 1903.I (also vom Januar 1903)
Schiene von Micheville, 1900.
Schiene vom Wendel-Konzern. Gewalzt im Mai 1892.
Schiene der Firma JOEUF aus dem Jahr 1911.
Interessante Variante: Ein Teil der Jahreszahl wurde durchgestrichen und durch eine andere Zahl ersetzt.
Schiene vom Stahlwerk in Rehon, Lothringen, 1914.
Eine weitere Schiene vom Wendel-Konzern. Mit die älteste Schiene entlang der Strecke > 1886.
CCNM = COMPAGNIE CHATILLON COMMENTRY ET NEUVES MAISONS
CCNM = COMPAGNIE CHATILLON COMMENTRY ET NEUVES MAISONS
Firma Longwy, September 1902 (anstatt der VIIII wäre IX korrekt gewesen).
Nochmal Wendel, diesmal mit Kiloangabe. Gewalzt Januar 1929. Mit Angabe der Eisenbahngesellschaft (EST)
Das Stahlwerk aus Chamond lieferte diese Schiene aus dem Jahr 1882.
Longwy-Schiene von 1883.
Schiene aus Terrenoire, ebenfalls aus dem Jahr 1882.
Für die 42 Kilometer lange Wanderung nach Villeneuve l’Archevèque benötigte ich zwei volle Tage. Zur Übernachtung wählte ich am 1. Tag einen Wald bei Fontvannes und am Abend des zweiten Tages den ehemaligen Bahnsteig in Villeneuve l’Archevèque. Leider war dies die dritte Streckenwanderung in Folge, in der mir das Wetter nicht hilfreich zur Seite stand: Der Regenschirm müßte immer griffbereit sein. Der Himmel war oft wolkenverhangen. Je näher ich an Villeneuve l’Archevèque herankam, desto stärker wurde auch die Vegetation. Erstaunlich, was hier alles in 5 Jahren gewachsen ist. In der Abfolge war die Linie recht monoton: Viele kleine Bahnübergänge und die seit 1939 nicht mehr genutzten Bahnsteige an den kleinen Unterwegsstationen. In den letzten 2 Jahren wurden vermehrt die ehemaligen Bahnübergänge entfernt. Dabei wurden die Schienen raus gerissen und die Straße erneuert. So wurde die Sicherheit und der Fahrkompfort auf der Straße erhöht. Mit einer Wiederinbetriebnahme scheint hier niemand zu rechnen.
Noch kommt man hier durch, aber schon im Sommer 2021 oder 2022 wird es hier unmöglich sein der Strecke zu folgen.
Ein Anschlußgleis im Bahnhof von Estissac
Genau am Ende dieser Straße stand früher das Bahnhofsgebäude.
Im Bahnhof von Estissac. Seit 1939 gab es hier nur noch Güterverkehr.
Eines der Gleise endet an diesem Prellbock.
Zwei Kilometer hinter Estissac gab es einen Gleisanschluß. Die Trasse ist auf diesem Acker noch gut erkennbar
Heute ist dort dichter Wald wo das Gleis zu einer Firma führte. Diese alte Brücke konnte ich entdecken.
An einem Bahnübergang. Zur Beseitigung wurde oft ein Gleisjoch entfernt und ein paar Meter weiter abgelegt.
Bahnübergang 145. Rechts ist das frühere Wohnhaus des Schrankenwärters zu sehen.
Eine kurze Pause.
Bahnübergang 148.
Landschaftlich gibt die Strecke nicht sehr viel her.
Streckenkilometer 125: Der Bahnhof Vulaines – Rigny-le-Ferron.
Manches hat sich seit früheren Tagen kaum verändert.
Am folgenden Tag gab es bei meiner Abreise einen Patzer. Ich hatte mir eine Fahrplanverbindung herausgesucht und wollte von Villeneuve l’Archevèque nach Sens mit dem Bus fahren. Doch der angegebene Bus um 10Uhr kam nicht. Es stellte sich heraus, dass es sich um einen Rufbus handel. Ein solcher hätte am Vortag bestellt werden müssen. Dies traf auch für den folgenden Bus am Nachmittag zu. Der nächste reguläre Bus wäre so erst wieder am Folgetag um 6Uhr gefahren! Etwas verärgert bastelte ich mir ein Schild und fuhr per Anhalter nach Sens. Das klappte trotz Corona beachtlich gut (ca. 25 Minuten Wartezeit).
Ein Schwellennagel von 1945.
Ein ehemaliger Bahnübergang.
Kurz vor der Bahnhofsgrenze in Villeneuve-l’Archevêque
Im Bahnhof Villeneuve-l’Archevêque. Rechts ist schon ein Getreidesilo zu sehen.
Am Rande dieses Platzes befand sich das Bahnhofsgebäude
So sah der Bahnhof mal aus.
Das Silo in dem im Jahr 2015 der letzte Zug beladen wurde.
Wiederholen werde ich die Streckenwanderung vermutlich nicht, da die Linie eigentlich recht unbedeutend ist und es nicht viel Besonderes zu sehen gab. Wenn ich die Fotos mal umfassend gesichtet habe, werde ich entscheiden, ob ich eine umfangreiche Fotostrecke erstelle oder nicht.
2019 veröffentlichte ich schon einmal einen „Bericht von Unterwegs“ (siehe hier) über die Strecke Limoux – Quillan – Saint-Martin-Lys. In den folgenden Monaten erarbeitete ich über den Winter aus meinen Fotos eine umfassend bebilderte Streckendokumentation. Damals war ich die Linie 2x abgelaufen und hatte eine Unmenge Fotos mit nach Hause gebracht. Entsprechend langwierig war die Bearbeitung und Auswahl der Fotos. Trotzdem war ich mit dem Resultat nie so 100% zufrieden und entschied im Jahr 2020 die Strecke ein weiteres mal zu besuchen.
In schwarz: Der Abschnitt für die Streckenwanderung Limoux – Quillan – Saint-Martin-Lys
In grau: Der nördliche Teil (Carcassonne – Limoux) mit Personenverkehr
In gelb der Abschnitt der Museumsbahn (Saint-Martin-Lys – Ricesaltes)
Zusätzlich in rot eine geplante, aber nicht gebaute Strecke Quillan – Lavelanet
In der Farbe lila die ehemalige Linie Richtung Pamiers
Im Oktober 2020 ging es erneut nach Carcassonne. Carcassonne ist der nördliche Endbahnhof der 122 Kilometer langen Bahnstrecke nach Rivesaltes. 1874 wurde mit dem Bau begonnen und es dauerte bis zum Jahr 1904 als der letzte Teil der Strecke eröffnet wurde. Dieser letzte Teil durch die Pierre-Lys-Schlucht war dann auch der Teil der als erstes wieder stillgelegt wurde. Das war 1991. Zuvor war bereits auf dem südlichen Abschnitt Quillan – Rivesaltes auf einer Länge von 50 Kilometern der Personenverkehr eingestellt worden: Das war bereits im Jahr 1939! Dennoch ist diesem Abschnitt bisher etwas Glück zuteil geworden. Ein privater Betreiber übernahm die Strecke für Museumsfahrten und konnte den Abbau der Strecke so verhindern. Unter dem Namen Train du Pays Cathare et du Fenouillèdes gibt es hier mit historischen fahrten verschiedenste Sonderfahrten. Der Verein soll wohl auch Güterverkehrsleistungen anbieten.
In einer Gleiskurve vor Quillan.
Ausblick auf das Bahnhofsareal von Quillan. In der rechten Bildhälfte ist der Güterschuppen zu sehen.
Ein altes Schild weißt auf ein Dekret von 1942 hin.
Bei Bahnübergang 37
Die Stuhlschienen wurden ab den 1930er Jahren nicht mehr neu verlegt. Diese hier sind aus den 1920er Jahren – also knapp 100 Jahre alt.
Der 239m lange Tunnel de Cascorbel
Ausblick auf die Trasse in einer S-Kurve.
Der Bahnhof Alet-les-Bains. Das obere Stockwerk ist bewohnt.
Der Grund für die sehr frühe Aussetzung des Personenverkehrs und die Stilllegung des Mittelstücks in der Pierre-Lys-Schlucht liegt mit Sicherheit zum Einen in der geringen Nachfrage (Personenverkehr) und auch in der sehr aufwändigen Streckenführung. So liegen zwischen Quillan und Axat (11km) insgesamt 8 Tunnel mit einer Gesamtlänge von über 3 Kilometern. Dazu kommen einige Brücken. Über viele Kilometer gibt es von der Straße keinen Zugang zur Strecke, da sie in der Abfolge ständig zwischen Tunnel und Viadukten wechselt. Der auffälligste Tunnel trägt den Namen Pierre Lys und ist 1.381m lang. Doch dazu später mehr. Klar ist, es war mit Sicherheit der hohe Instandhaltungsaufwand der zum Ende der Strecke führte.
Dies ist ein Ausschnitt aus der aktuellen Netzkarte der SNCF. Nachdem der erste Teil der Strecke bis Limoux saniert wurde, kam für den südlichen Teil bis Quillan im Dezember 2017 das Aus.
Seit meinem letzten Besuch hat sich nicht sehr viel entlang der Strecke getan. Natürlich, die Vegetation wächst und erobert langsam aber sicher den Bahndamm. Doch bisher ist dies noch nicht im großen Ausmaß geschehen. Eine Streckenwanderung wird also auch noch 2021 und 2022 möglich sein. Es gab Streckenabschnitte die auch 2020 weiterhin gut gepflegt sind. Oft sind es die Bewohner der kleinen Schrankenpostenhäuser, die regelmäßig ein paar Meter der Bahntrasse in gutem Zustand halten. Die Schranken der Bahnübergänge wurden in der geöffneten Stellung mit einem zusätzlichen Winkeleisen in dieser Stellung fixiert, können sich also nicht mehr senken. Im Vergleich zu meiner 2019er Reise entlang der Strecke habe ich diesmal versucht nicht bloß ein Wiederholung zu machen, sondern habe bewußt nach neuen Blickwinkeln und Fotostandorten gesucht. Es gibt weiterhin Bestrebungen für eine Wiedereröffnung der Linie im Abschnitt Limoux – Quillan.
Ein Foto vom Bahnhof in Limoux. Es wurde mit vom Bahnhofspersonal zum Fotografieren ausgehändigt.
Der Bahnhof von Limoux. Früher gabe es hier sogar eine Bahnhofshalle.
Am Ortsausgang von Limoux. Die Bahnlinie nähert sich zielstrebig den Bergen im Hintergrund.
Die Bahnstrecke liegt nahe dem Fluß Aude.
Bahnübergang 28. Blickrichtung Quillan.
Blickrichtung Limoux. Es ist nun drei Jahre her, dass hier ein Zug gefahren ist.
Blickrichtung Quillan.
Eine Unterführung unter der Bahnlinie. Einen Weg gibt es hier allerdings nicht.
Die Pont sur l’Aude bei Streckenkilometer 381,293.
Im Bahnhof Alet-les-Bains.
Am Bahnhof Im Bahnhof Alet-les-Bains. liegt an der Laderampe eine Schiene mit dem Walzzeichen einer belgischen Firma. Die Schiene stammt aus den 1870er Jahren.
Am vierten Tag meiner Reise ging es in die Höhe. Meine Wanderroute führte mich auf mehrere Berggipfel am Eingang zu Pierre-Lay-Schlucht. Die Aussicht von einer namenlosen Bergspitze südlich von Quillan bot immerin eine Aussicht auf Quillan und das Bahnhofsplateau. Der ausgeschilderte Wanderweg ab Belvianes mit dem Namen „Le Trou du Cure“ war leider etwas enttäuschend, was wegen der vielen Höhenmeter noch verstärkt wurde. Zwar konnte ich das nördliche Portal des Tunnel de Pierre Lys sehen, aber der Winkel war nicht optimal. Für eine bessere Sicht hätte ich über eine zerklüftete Felsspitze klettern müssen – das war mir dann doch zu gewagt.
Aussicht auf Quillan.
Aussicht auf Quillan. In der Bildmitte befindet sich das Bahnhofsareal. Das Bahnhofsgebäude selbst ist hinter den Bäumen verdeckt. Davor steht der Güterschuppen.
Von einem ersten Aussichtspunkt geht es noch ein paar Meter weiter hinauf.
Aussicht von einer namenlosen Bergkuppe in Richtung Süden. Unten im Tal liegen die Straße, die Aude und die Bahnlinie. Die Pierre-Lys-Schlucht beginnt hinten rechts.
Aussicht auf die Pierre-Lys-Schlucht. Leider war die Aussicht nicht so toll wie erhofft.
Das Nordportal des Tunnel de Pierre-Lys. Aussicht von der Straße aus.
Das Felsmassiv les Murailles du Diable. Dort wo sich die Wiese befindet, liegt der Tunnel du Pierre-Lys.
Aussicht vom Rundwanderweg hinunter in die Schlucht. Zu sehen ist die Galerie am Tunnelportal. Die Sicht auf den Tunnel war leider sehr beschränkt.
Wieder konnte ich einige schöne Fotos vom 1.382m langen Tunnel Pierre-Lys machen. Der Tunnel ist wirklich ein Meisterwerk derIngenieurskunst: Er verfügt über 7 Ausgänge, 2 Brücken, eine Höhle, 5Sprengkammern und 2 noch sichtbare Galerien. An einigen Stellen wäre eigentlich kein Tunnel nötig gewesen und die Schienen hätten im Freien gelegen. Hier wurde der Tunnel künstlich verlängert um die Strecke so vor Gerölllawinen zu schützen. An einer solchen Stelle führt der Tunnel über eine Brücke – verrückte Sache. Gleich darüber gibt es mehrere Fenster die einen Blick in die Schlucht bieten.
⚠️ Der Zugang zum Tunnel ist laut einem Schild grundsätzlich verboten, dieses Verbot wird jedoch nicht durchgesetzt: Zum nördlichen Tunnelportal führt ein markierter Wanderweg. An der anderen Seite befindet sich ein Rastplatz mit Picknickbänken. Auf beiden Seiten befinden sich Zäune mit unverschlossenen Toren. In der Praxis gilt hier wohl eher ein „Betreten auf eigene Gefahr„. ⚠️
Der Tunnel de Pierre-Lys, 1381m lang.
Der Tunnel auf einer alten Postkarte
In einer der Tunnelnischen befindet sich der Zugang zu den Sprengkammern.
Über eine Treppe geht es zu den Kammern.
Über diesen senkrechten Schacht geht es zur Sprengkammer die sich über der Tunnelröhre befindet.
In der Kammer am Ende der Treppe sind 600kg Sprengstoff abzulegen.
Blick hinunter.
Im Tunnel gibt es mehrere Fenster nach draußen zur Schlucht.
Ansicht von Außen. Unterhalb des Tunnels befindet sich ein Steinbogenviadukt.
Ein weiterer Abzweig im Tunnel führt nach draußen.
Wirklich sehenswert sind die im Tunnel Pierre-Lys gelegenen Sprengkammern. Über Seitengänge und Treppen erreicht man mehrere Kammern die sich seitlich neben der Tunnelröhre befinden. An fest vorbestimmten Plätzen könnten hier Sprengladungen deponiert werden um den Tunnel kontrolliert zu sprengen. Es gibt auch eine Kammer die sich oberhalb der Tunnelröhre befindet. Sie ist erreichbar über eine Steigleiter. An jeder Kammer sind Anschriften über die hier zu platzierende Menge Sprengstoff zu finden.
Auch nach dem Tunnel Pierre-Lys bleibt die 1991 stillgelegte Bahnstrecke sehenswert. Es folgen noch weitere 3 Tunnel und 2 Viadukte bis zum Bahnhof Saint-Martin-Lys. Die Tunnel sind eher keine Besonderheit. Es lohnt aber auf der Bahntrasse zu bleiben, da es sonst keinen weiten Zugang zur Strecke gibt und der Weg an der engen Straße wegen der Autos nicht zu empfehlen ist. Immerhin wird man von der Straße aus mit einer guten Aussicht auf die „Pont sur l’Aude“ belohnt.
Streckenkilometer 409: Die Pont sur l’Aude. Sie liegt genau zwischen zwei Tunneln.
Der Abstieg hinein in das Viadukt. Noch letzte Jahr war ich ahnungslos an diesem Schacht vorbeigegangen.
Als Erstes geht es eine Leiter hinunter.
Blick hinauf
Auf der anderen Seite einer Mauer geht es wieder hinauf.
Ein weiterer Durchgang.
Fast das gesamte Viadukt ist „hohl“ und begehbar.
Ausblick auf das Viadukt.
Die Pont sur l’Aude auf einer Postkarte
Hinter der Pont sur l’Aude folgt der Tunnel des Oliviers. Von Quillan bis hierher ist die Strecke Anfang der 1990er demontiert worden. Im Tunnel des Oliviers liegen also wieder Schienen. Die Museumsbahn Train du Pays Cathare et du Fenouillèdes kann bis in den Tunnel fahren und nutzt diesen als Abstellgleis für ausrangierte Fahrzeugen. Der direkt hinter dem Tunneleingang geparkte Triebwagen ist nach vielen Jahren der Abstellung bereits sehr heruntergekommen. Wer hier noch eine intakte Glasscheibe findet kann sich glücklich schätzen. Auf den Tunnel folgt direkt der Bahnhof Saint-Pierre-Lys. Der Bahnhof wurde auf einem Plateau errichtet und liegt abseit jeglicher Wohnhäuser. Die Museumsbahn fährt mit Passagieren maximal bis hierher und hat erst kürzlich einen neuen Bahnsteig errichtet. Im Bahnhof stehen ebenfalls einige Fahrzeuge abgestellt.
Ausblick auf den Bahnhof Saint-Martin-Lys. Wo hier Fahrgäste herkommen sollen ist mir schleierhaft. Vermutlich endete der Personenverkehr deswegen schon 1939.
Der Triebwagen X 8706 im Tunnel des Oliviers
Die Reihenfolge der Fahrzeuge wurde binnen des letzten Jahres verändert.
Bahnhof Saint-Martin-Lys auf 385m Höhe.
Im Bahnhof Saint-Martin-Lys.
Das Bahnhofsgebäude im Bahnhof Saint-Martin-Lys.
Ausblick auf das Bahnhofsareal. Über die Brücke geht es zur Straße.
Brücke, Hangviadukt und der Tunnel du Bourrec
Auf einer Postkarte. Der Personenverkehr endete 1939. Jetzt kommen nur gelegentlich Museumszüge hierher.
Bis zur finalen Streckenwanderung wird es noch etwas dauern. Ich hoffe die Vorschau hilft die Wartezeit etwas zu überbrücken 🙂
Die Bahnverbindung zwischen Neufchateau und Bologne ist 46,7 Kilometer lang. Eröffnet wurde die Strecke 1867. Sie war Teil der 95km langen Strecke Bologne à Pagny-sur-Meuse. Die Konzession zum Bau wurde 1863 an die Firma Compagnie des chemins de fer de l’Est (kurz Est) vergeben. Zum 30. September 1878 erfolgte ein zweigleisiger Betrieb. Die Est betrieb die Strecke bis zu ihrer verstaatlichung am 1. Januar 1938. Ab diesem Datum gehört die Linie der SNCF.
Ein Ausschnitt aus der Netzkarte vom März 2019
In der Zeit der deutschen Besatzung musste die SNCF ab 1944 mit dem Abbau des 2. Streckengleises beginnn und das Material an die Besatzer aushändigen. Die Luftbilder aus den 50er Jahren zeigen, dass zumindest einige Teile entweder wieder aufgebaut wurden, oder der Abbau nicht die ganze Strecke betraf. Der Personenverkehr auf der Linie wurde dann 1970 eingestellt, der Güterverkehr wurde fortgeführt. Abgesehen von ein paar kleineren Brücken gibt es keine herausragenden Bauwerke entlang der Strecke. Nennenswert wäre vielleicht das Viaduc d’Andelot. Einzig bei Rimaucourt folgen ein paar weitere Straßenbrücken. Ebenso auf den letzten Streckenkilometern vor Bologne. Hier überquert die Bahnlinie den Canal entre Champagne et Bourgogne und die Marne. Ein ca. 13km Streckenabschnitt kann seit einigen Jahren mit Fahrraddraisinen befahren werden. Dieser Teil der Linie reicht von Andelot bis kurz vor Bologne. Auf dem übrigen Abschnitten ist seit einigen Jahren kein Zug mehr gefahren. Seit einiger Zeit hat die SNCF auch unweit von Neufchateau einen Prellbock aufs Gleis gestellt. Wann genau der letzte Güterzug auf der Linie gefahren ist, läßt sich nicht mit Sicherheit sagen.
Obwohl schon 1867 eröffnet, konnte ich keine Schienen aus diesem Jahrzehnt ausmachen. Die älteste Schiene ist datiert auf 1879. Im folgenden eine Kleine Übersicht:
Walzwerk Longwy, April 1949.
Schiene der Firma Creusot, August 1879
Stahlwerk in Rehon, Lothringen. Gewalzt August 1933
Schiene von „Companie Chatillon Commentry et Neuves Maisons“. Gewalzt September 1939
Schiene von „Companie Chatillon Commentry et Neuves Maisons“. Gewalzt im Januar 1908
Nochmals eine Creusot-Schiene.
Eine Schiene von Longwy. Entweder 1912 oder 1942.
Schiene von Forges et Aciéries de Pompey, Oktober 1907
Bei meiner Streckenwanderung habe ich zwei Gleisanschlüße entdeckt, die wohlmöglich noch bis zum Schluß bedient wurden. Sie befinden sich in Manois und Rimeaucourt. Die Bäume die heute im Gleis stehen wachsen dort seit mindestens 5 Jahren ungestört. Schon auf der 2016 veröffentlichten Netzkarte war die Linie als „neutralisiert“ (ungenutzt) eingezeichnet. Noch ist die Linie nicht offiziell stillgelegt, ist jedoch weit davon entfernt sich in einem befahrbaren Zustand zu befinden. An den Bahnübergängen fehlen nun oft die Schienen. Auch die Schranken wurden bereits demontiert. Leider war ich so für meine Streckenwanderung etwa 2 Jahre zu spät. An manchen Ecken war mir die Vegetation zu dicht und ich musste auf andere Wege ausweichen.
In schwarz die Linie Neufchateau – Bologne
In grün die in Rimeaucourt abzweigende Strecke nach Gudmont (1878 – 1953)
In lila die beiden Gleisanschlüße
In blau der militärische Anschluß bei Rimeaucourt
Wie auch auf anderen Strecken in der Region dürfte der zweigleisige Ausbau aus militärstrategischen Erwägungen her erfolgt sein. Im ersten Weltkrieg war die Linie von erheblicher strategischer Bedeutung und wurde für die Nachschublogistik der Front bis an Ihr Limit befahren. Duch ihre günstige Lage wurde durch die Amerikaner ein riesiges Nachschubdepot zwischen den Orten Liffol-dle-Grand und Liffol-le-Petit angelegt. Über ein Gleisdreieck bestand Anschluß an die Linie Bologne – Neufchateau. Nach dem 1. Weltkrieg wurde diese Nachschubbasis wieder zurückgebaut und ist heute an Ort und Stelle nicht mehr zu erahnen. Nur alte Luftbilder machen das Ausmaß der Anlage deutlich. Eine weitere militärische Anschlußbahn befand sich am Bahnhof Rimaucourt. Über das Ausmaß dieser Anlage ist noch nicht sehr viel bekannt. Selbst die von mir sehr geschätzten Seiten von Jean (http://archeoferroviaire.free.fr/v31/spip.php) und das ArchivInventaires Ferroviaires de France (http://www.inventaires-ferroviaires.fr) von Philippe haben diese Anlage noch nicht in Ihren Datensätzen. Somit ist mir hier eine kleine Entdeckung gelungen.
Nachzeichnung der verschiedenen Gleisgruppen.
Plan der anlage auf einer alten Zeichnung
Luftbild aus dem Jahr 1949 auf welchem die Anlage noch halbwegs zu sehen ist. Bildquelle: https://remonterletemps.ign.fr
Für die Streckenwanderung von Neufchateau nach Bologne hatte ich 3 Tage eingeplant. Letztlich kam ich schon nach zwei Tagen in Bologne an. Am ersten Tag klarte das Wetter nur für wenige Stunden auf, danach bliebt der Tag wolkenverhangen. Den zweiten Tag über gab es Nieselregen bis in die Abendstunden. Entnervt packte ich darauf hin am Nachmittag meine Kamera ein und verzichtete auf weitere Fotos. Meine Streckenwanderung ist damit unvollständig. Um die Bahnlinie vollständig zu dokumentieren wäre eine erneute Streckenwanderugn erforderlich. Aufgrund der bereits stark fortgeschrittenen Vegetation ist dies aber eher unwahrscheinlich.
Im Bahnhof Neufchateau
Das Bahnhofsgebäude wurden in den 60er Jahren errichtet
In Gleisanschluß in Neufchateau
Auf der Strecke Richtung Bologne, kurz hinter Neufchateau
Eine Unterführung
Zwei Kilometer von Neufchateau entfernt endet die Linie an diesem Prellbock.
Den weiter oben erwähnten Militärbahnhof habe ich nicht besucht (es wäre ja eh kaum noch was davon zu sehen), da ich von seiner Existenz nichts wußte. Auch das zweite Militärgleis bei Rimeaucourt ist mir so entgangen. In beiden fällen erfuhr ich erst in der Nachrecherche von diesen Streckenteilen. Durch das miese Wetter und den kalten Wind hatte ich an diesen zwei Tagen leider nicht die optimalsten Voraussetzungen für eine schöne Fotoserie.
Im Wald „Bois des Rapailles“ gibt es eine Vielzahl kleiner Durchläße und Unterführungen. Manche sogar noch gut sichtbar.
Als die Strecke aus dem Wald „Bois des Rapailles“ heraustritt, ist sogar etwas neuer Schotter zu sehen.
Bei Bahnübergang 32.
Im Bahnhof Liffol-le-Grand
Bahnübergang 25 in Prez-sous-Lafauche.
Swe Bahnhof von Saint-Blin – La Croisette.
Das Anschlußgleis in Manois. Das Firmengelände liegt etwa 1km vom Bahnhof entfernt.
An der 121km langen Bahnstrecke Nancy – Merrey liegt der Unterwegsbahnhof Pont-Saint-Vincent. Hier enden die von Nancy kommenden Personenzüge. Ein spärlicher Güterverkehr führt noch 4km weiter bis nach Xeuilley. Von dort ab wird die Strecke bis nach Vittel nicht mehr befahren. Die SNCF Karte zeigt diesen Abschnitt als gepunktete Linie. Diese Änderung trat im Dezember 2016 in Kraft. Seitdem wird die Reisekette an die Unterwegsbahnhöfe mit Bussen abgedeckt. Die nicht befahrene Strecke hat eine Länge von 61 Kilometern. Immer mal wieder wird die Absicht kund getan die Linie zu reaktivieren. Bisher ist noch Nichts in diese Richtung geschehen.
Eine Übersichtskarte der SNCF
Der Bahnhof Pont-Saint-Vincent. Die Personenzüge aus Nancy fahren bis hierher. Der Güterverkehr fährt noch 4 Kilometer weiter zu einem Zementwerk.
Bis hierher können die Züge nach Fahren. Hinter dem Schwellenkreuz ist die Strecke gesperrt.
Ausblick auf die zweigleisige Strecke, die hier langsam unter dem Gras verschwindet.
Streckenkilometer 23: Die Pont sur le Brénon
Was eine Wanderung auf dieser Strecke besonders macht und auch für mich eine Premiere darstellt: Die Linie ist zweigleisig! Dies war nicht unbedingt dem tatsächlichen Verkehr geschuldet sondern vielmehr eine strategische Überlegung: Die Grenznähe zu Deutschland erforderte es, eine Reihe von Bahnlinien über den eigentlichen Bedarf hinaus für Kriegszwecke auszubauen.
Die Linie wurden in folgenden Abschnitten eröffnet:
Jarville – Vézelise 11. Novembre 1872
Vézelise – Mirecourt 22 Dzember 1879
Mirecourt – Vittel 1. März 1881
Eröffnet wurde die Strecke in mehreren Etappen zwischen 1872 und 1881. Ab 1881 war sie zweigleisig. Zuerst war die Konzession für einen Teil der Strecke an die Compagnie des chemins de fer de Nancy à Vézelise erteilt worden. Jedoch sehr bald erfolgte die Abtretung an die Firma Compagnie des chemins de fer de l’Est (kurz: Est).
Legende:
In orange: Linie offen für Personen und Güterverkehr
In grün: Nur Güterverkehr
In schwarz: Linie ohne Zugverkehr
In lila: Andere stillgelegte Linien
Bereits zu einem frühen Zeitpunkt war der Anschluß der Brauerei in Tantonville beschlossen worden. Die Anbindung dieser Firma erfolgte über eine 2km lange Stichstrecke. Die Jährliche Produktion betrug bis zu 175.000 Hektoliter Bier. Mehrere Bahnhöfe entlang der Strecke erhielten ausgedehnte Militärgleise (lange Rampen neben einem Gleis und das Verladen zu beschleunigen). All dies dürfte seinen Ursprung in den Erfahrungen vom Krieg 1870/ 1871 gehabt haben. Noch bis heute ist der Abschnitt Vittel – Mirecourt mit einer Länge von 23,9km zweigleisig. Auch zwischen Xeuilley und Vezelise liegen nach wie vor zwei Gleise nebeneinander (15km). Ledliglich das Mittelstück zwischen Vezelise und Mirecourt ist heute eingleisig. Am Bahnhof Frenelle-la-Grande-Puzieux bei Kilometer 50 zweigte eine andere Bahnlinie nach Barisey-la-Côte ab (eröffnet 1881 – 1883). Kurz vor Mirecourt mündet die Linie in die ebenfalls zweigleisige Strecke Chaumont – Épinal. Schon wenige Kilometer später in Hymont-Mattaincourt gehen beide Strecken wieder getrennte Wege.
Nur sehr kurze Abschnitte wurden kurz vor der Einstellung des Zugverkehrs erneuert.
Ausblick auf die zweigleisige Linie
Im Bahnhof Vezelise
Das Militärgleis im Bahnhof Vezelise. An einer langen Rampe konnten beidseitig Züge be,- und entladen werden.
Entlang der gesamte Strecke gibt es ein wildes durcheinander von Bahnschwellen zu sehen. Seit Jahrzehnten gab es hier keine umfassende Erneuerung mehr. Scheinbar ohne langfristigen Plan werden Jahr für Jahr wahllos einige Schwellen ausgetauscht. Die Modernisierung mehrerer Kilometer mittels großer Umbaumaschinen bleibt hier die Ausnahme. Lediglich knapp 4 Kilometer wurden (erst kurz vor der Einstellung des Verkehrs) mit modernen Schwellen und neuen Schienen ausgestattet. Ebenso hinterließen zwei Weltkriege ihre Spuren und so ist auch das Schienenmaterial heute ein heilloses Durcheinander. Verschiedenste Firmen und Jahrgänge sind entlang der Strecke zu finden, wie sich an den Walzzeichen ablesen läßt.
Diese Flickschusterei ist in Frankreich sehr verbreitet.
Eine Schiene vom Walzwerk in Dudelange. Hergestellt im November 1919
Schiene der Firma J- Wendel. Gewalzt im Mai 1901
Schiene von Acieries Pompey. Gewalzt im November 1912.
Eine Schiene aus Belgien. Sie wurde im Dezember 1882 gewalzt. Dies ist die älteste Schiene die ich entlang der Strecke finden konnte.
Für die Bewanderung der Strecke benötigte ich 3 volle Tage und den Vorabend am Tag meiner Anreise. Leider plage mich die meiste Zeit über das schlechte Wetter und die Sonne ließ sich nur selten blicken. Für eine umfangreiche Streckendokumentation werden meine Fotos daher nicht geeignet sein. Wohlmöglich müßte ich der Strecke einen weiteren Besuch abstatten. Obwohl es sich um eine zweigleisige Strecke handelt, fand ich die Strecke und die Linienführung recht langweilig. Zwar gibt es druchaus einige steile Rampen, aber größere Kunstbauten wie Brücken oder Tunnel fehlen fast ganz. Dafür gibt es eine Vielzahl kleiner Bahnübergänge, da die Linienführung eine landwirtschaftlich stark genutzte Region durchquert. Das Streckenband unten weißt eine maximal Anzahl von 22 Unterwegshalten bis nach Vittel aus. Bei den allermeißten handelt es sich lediglich um kleine Haltepunkte. Nicht alle waren noch bis zum Dezember 2016 in Betrieb als der letzte Zug fuhr.
Der Unterwegsbahnhof Mirecourt hatte früher eine erheblich größere Bedeutung. Entsprechend großzügig waren die Bahnanlagen angelegt worden. Immerhin 4 zweigleisige Bahnlinien trafen in diesem Bahnhof zusammen. Von der einst hohen Anzahl der Gleise ist heute nur noch wenig geblieben. Entsprechend umfangreich ist nun der Busverkehr.
Ein Stellwerk im Bahnhof Mirecourt
Hier wurde schon länger nicht mehr gearbeitet.
Zwischen Mirecourt und Hymont-Mattaincourt.
Kurz vor Hymont-Mattaincourt.
Ein wirklich schönes Bahnhofsgebäude fand ich in Vittel. Das Passagiergebäude (Fassaden, Dächer, Markisen sowie Innenräume einschließlich der Halle) steht seit dem 22. November 1990 unter Denkmalschutz.
Zwar ist das aktuelle Jahr noch nicht ganz um, wandertechnisch kann jedoch bereits eine Bilanz gezogen werden. Natürlich verlief auch mein Jahr durch Corona etwas anders als geplant. Anstatt bereits im April nach Frankreich zu fahren und mir dort einige schöne Strecken anzusehen, wanderte ich stattdessen durch Deutschland. Als Alternative ging es zuerst auf den Eifelsteig. Falls die Grenze zu Frankreich geöffnet hätte, wäre ich so zumindest in unmittelbarer Nähe gewesen. Doch die Grenzöffnung kam erst später und so setzte ich meine Wandertour durch Deutschland auf dem Moselsteig fort. Danach ging ich zum Rheinsteig über. Bis Anfang Juli folgten noch der Saar-Hunsrück-Steig, Westerwaldsteig, Natursteig Sieg und der Rothaarsteig. Nach 2.000km war es dann Zeit das Verkehrsmittel zu wechseln und etwas zu radeln.
Zelten in der Eifel. Durch den Lockdown war es fast gespenstisch leer auf dem Eifelsteig. Zelten war da kein Problem.
Zwischen Perl und Trier auf den ersten Kilometern der Moselsteigs.
Cowboy-Camping oberhalb der Mosel auf einer Aussichtsplattform.
Am Rheinsteig
Die Wegmarkierung am Rheinsteig.
Die Siegquelle mit Trinkwasserqualität
Das Niederwalddenkmal oberhalb von Rüdesheim
Eine Burg am Saar-Hunsrück-Steig
Die Geierley-Hängeseilbrücke am Saar-Hunsrück-Steig.
Ende Mai blüht im Hunsrück der Klatschmohn
Am Rhein bei der Loreley.
Am Rothaarsteig gab es nicht viele Einkaufsmöglichkeiten, dafür aber eine Reihe sehr guter Quellen. Mehrere Flüßen nehmen hier ihren Anfang. Ruhr, Sieg, Ilm, Lahn, Dill, Möhne – alle diese Quellen liegen direkt am Rothaarsteig.
Das Alternativprogramm führte mich auf verschiedene Wege durch Deutschland. Durch den Lockdown genoß ich leere Wanderwege und ruhige Touristenhochburgen. Da alle Arten von Unterkünften geschlossen waren, blieb mir nichts weiter übrig als irgendwo wild zu zelten. An manchen Tagen war ich wirklich „für’n Appel und ’n Ei„ unterwegs.
Es war mittlerweile August geworden, als ich nun doch die Grenze nach Frankreich überqueren konnte. Der Fokus lag jedoch ersteinmal nicht auf Bahnstrecken. Vielmehr hatte ich es auf den Wanderweg GR3 abgesehen. Der Weg ist namentlich an den Fluß Loire angelehnt und folgt diesem mal mehr mal weniger direkt von der Quelle bis zum Atlantik. Mit knapp 1.250km ist der GR3 damit vermutlich der längste Wanderweg in Frankreich. Doch ganz ohne Eisenbahnbezug ging es nicht: Der GR3 beginnt am Mont Gerbier de Jonc in der Berglandschaft der Monts d’Ardèche, dem südöstlichen Teil des Zentralmassivs, wo sich auch die Quelle der Loire befindet. Man befindet sich hier knapp 40km südlich von Le-Puy-en-Velay. Einen ÖPNV sucht man hier vergebens. Also folgte ich einer unvollendete Bahntrasse namens „Ligne Transcevenole“ mit deren Bau im Jahr 1911 begonnen wurde, um in die Nähe des GR3 Startpunktes zu gelangen. Von der Nordhälfte der Bahntrasse existieren heute geschätzte 95% als Wanderweg.
Die Karte zeigt den Verlauf der Transcevenole. Der schwarze Teil der Linie ist vollständig fertiggestellt worden und kann zu Fuß erkundet werden. Vom roten Teil gab es nur wenig Bauleistungen, immerhin der über 3 Kilometer lange Tunnel du Roux wurde fertiggestellt. Wegen seiner Länge war der Tunnel etwas breiter als gewöhnlich und konnte so recht einfach in einen Straßentunnel umgebaut werden. An zwei weiteren Tunneln wurde die Arbeit begonnen. Insgesamt hätten auf der roten Linie 31 Tunnel entstehen sollen.
Die geplante Bahnlinie stand unter keinem guten Stern, denn schon 1914 mußten die Arbeiten wegen des Krieges wieder unterbrochen werden. Danach wurde nur an einem Teil der Linie weiter gearbeitet: Der im Departement Haute-Loire gelegene Teil der Strecke ist bis 1939 vollständig errichtet worden. Auf 32 Kilometern gibt es alles zu sehen was man für eine Bahnlinie braucht: Brücken, Bahnsteige, Tunnel, Bahnhöfe – alles war fertig und es fehlten nur noch Schienen, Schotter und Signale. An den Viadukten fehlen bis heute die Geländer und machen eine Wanderung auf diesem Weg für nicht schwindelfreie Personen so zu einer Herausforderung. Der 62 Kilometer lange südliche gelegene Streckenabschnitt im Departement Ardeche sah jedoch keinen unfangreichen Baubeginn. Lediglich der 3.336m lange Tunnel du Roux wurde fertiggestellt. Er dient heute als Straßentunnel. Zwei weitere Tunnel waren im Bau und wurden nicht vollendet Folglich ging die gesamte Strecke nie in Betrieb und der Weiterbau wurde ab 1940 nicht mehr verfolgt. Die 1940 gegründete Staatliche SNCF hatte genug damit zu tun sich um die Hinterlassenschaften der kürzlich verstaatlichten defizitären Eisenbahngesellschaften zu kümmern. Ein Weiterbau der noch unfertigen Gesamtstrecke war nicht denkbar, zumal der südliche Abschnitt laut Planungen einen teilweise abenteuerlichen Verlauf mit vielen Schleifen und Spiralen (!) erfordert hätte. Eine solche aufwändige Trassierung für eine neue Strecke – die zudem keine neuen Verkehrspotenziale erschließt – wollte man nicht mehr weiter verfolgen.
Ausschnitt der Spirale um den Berg Suc del a Gravenne. Alleine auf diesem Abschnitt wären 5 Tunnel gegraben worden. Kartenmaterial von http://www.geoportail.fr
Über den eingangs erwähnten nördlich gelegenen 32 Kilometer langen Abschnitt erreicht man binnen 2 Tagen relativ bequem den südlichen Punkt des GR3 Fernwanderwegs. Es wurde Einiges dafür getan die ehemalige Bahntrasse als Fußweg zu erhalten. So sind alle Bahnhöfe und Tunnel mit kleinen Informationstafeln versehen worden und der Weg offiziell als „Le Transcevenole“ ausgeschildert.
Ausgangspunkt der Wanderung zum GR3 Startpunkt ist der Bahnhof von Le Puy.
Bereits kurz hinter dem Bahnhof beginnt ein Bahntrassenradweg. Dieser wird aber schon ab dem nächsten Bahnhof Brives-Charensac auf einer anderen ehemaligen Bahntrasse in Richtung Langogne verlaufen.
Der „Viaduc de Peyrard sur la Gagne et la RN 535“ 147m lang.
Eine erste Informationstafel zum Wanderweg „La Transcevenole“. Sehr gut gefällt mir die Idee hier ein Gleisjoch im Boden zu verankern. Leider sind bis zu diesem offiziellen Startpunkt ein paar Kilometer Fußweg am Rande einer Straße notwendig.
Unter geschickter Ausnutzung der Topografie klettert die Bahnstrecke von Le Puy aus über 400m in die Höhe. Dafür wurden einige langgezogene Schleifen errichtet, die den Streckenverlauf deutlich verlängerten. Oft wird der Wanderer nun mit einer guten Aussicht auf die Umgebung belohnt.
Die fertiggestellte Trasse der nie eröffneten Strecke ist heute ein angenehmer Wanderweg, der überwiegend durch den Wald führt.
Das Betreten des Viadukts erfolgt laut dem Schild auf eigene Verantwortung hin. Der Zaun ist auf der linken Seite nicht mehr vorhanden.
Der Tunnel du Priouret etwa bei Streckenkilometer 8,500.
Bei Streckenkilometer 11 liegt der Bahnhof Lantriac. Es fuhr nie ein Zug hierher.
Hinter dem Bahnhof von Lantirac ist der Weg zur Transcevenole gut ausgeschildert.
Der Wassergraben wird in regelmäßigen Abstanden abgelegt und führt zu einem Durchlass unter der Strecke.
Wieder verläuft der Bahndamm durch den Wald. Viel Aufwand wurde in die Entwässerung der seitlichen Gräben gesteckt.
Die auf beiden Seiten vorhanden Gräben zeigen auf, dass hier in den 20er Jahren vermehrt neue Werkstoffe wie Beton eingesetzt wurden.
Streckenkilometer 16,500. Der ehemalige Bahnhof von Laussonne-les Badioux auf 858m Höhe.
Das 158m lange Viaduc des Badioux. Wie auch alle anderen Viadukte fehlen bis heute die seitlichen Geländer. Besucher sollten also schon schwindelfrei sein.
Der Höhepunkt der „Transcevenole-Wanderung“ ist die Durchquerung des 2.626m langen Tunnels unter dem kleinen Ort Présailles, von dem der Tunnel auch seinen Namen hat. Große Teile des Tunnels waren bis 1940 bereits fertig gestellt worden. Das Mittelstück der Röhre ist jedoch unvollendet geblieben und der Tunnel wurde noch nicht bis zu geplanten Sohle hinab gegraben. Das Gewölbe an der Decke ist bereits durchgehend fertiggestellt worden, der Tunnel hat jedoch noch nicht seine finale Tiefe erreicht. Nach und nach scheint der Tunnel „kleiner“ zu werden und man könnte sich fast den Kopf an der Tunneldecke stoßen. Zu Fuß alleine durch einen so langen Tunnel zu gehen ist wirklich ein Abenteuer. Der Tunnel du Présailles ist da keine Ausnahme, ganz im Gegenteil.
Der Scheiteltunnel „Tunnel de Présailles“. Der Zugang ist nicht versperrt. Ein Befahren mit Fahrzeugen ist aber laut Schild verboten. Wer es zu Fuß versuchen möchte, kann dies gerne tun. Der Umweg über den Berg auf die andere Seite beträgt 5 Kilometer.
Die Tafel am nördlichen Tunnelportal
Im Innern der 2626m langen Tunnelröhre
Gute 45 Minuten befindet man sich in vollständiger Dunkelheit und in Abhängigkeit der mitgeführten Taschenlampe. Ein unübersehbares Wasserrinnsal begleitet den Wanderer hier. Zu Beginn wird das Wasser in einem abgedeckten Kanal geführt – man hört es lediglich rauschen und plätschern. Einige 100m später liegt der Wasserlauf frei. In Unregelmäßigen Abständen ist es erforderlich mit einem beherzten Schritt auf die andere Seite zu wechseln, jenachdem auf welcher Seite der Weg durch den Tunnel besser begehbar ist. Der Untergrund ist oft uneben und auf dem matschigen Boden zeichnen sich viele weitere Fußspuren der letzten Besucher ab. Wie alt mögen die Abdrücke wohl sein? Es gab Reifenabdrücke von Quads zu sehen und selbst Radfahrer haben sich in den Tunnel gewagt. Aber ich frage mich, ob diese es wirklich durch den ganzen Tunnel geschafft haben, denn der Weg wird schwerer je weiter man kommt. Auch sah ich eine Spur nackter Fußabdrücke auf dem schlammigen Boden.
Die hohe Luftfeuchtigkeit steht wie Nebel im Tunnel
Kilometermarke 1,5
Nur ein kleiner Pfad bleibt an den Seiten bestehen, dazwischen fließt ein Rinnsal.
Im Mittelabschnitt hätte der Tunnel noch einige Meter vertieft werden müssen. Man stößt sich hier beinahe den Kopf.
Die Atomsphäre im Tunnel ist besonders, wie ich sie in keinem anderen Tunnel zuvor gesehen habe. In der Tunnelröhre herrschte eine hohe Luftfeuchtigkeit, richtige Nebelwolken hängen hier fest, wie auf meinen Fotos gut zu sehen ist. Da bringt auch die Taschenlampe keine große Weitsicht, das das Licht von den feinen Wasserpartikeln sofort reflektiert wird. Überall im Tunnel tropft Wasser von der Decke. Die Tunnelwände sind über und über mit Wassertropfen benetzt.
Die finale Herausforderung stellt jedoch das südliche Tunnelportal dar. Hier hat sich seit Jahren einiges an Wasser in einer großen Pfütze gesammelt und läuft nicht mehr ab. Das Wasser reicht ca. 100m in den Tunnel hinein und steht von einer Tunnelwand zur anderen. Gummistiefel wären hier ein nützlicher Ausrüstungsgegenstand. Doch wer hat schon für diese eine Gelegenheit extra Gummistiefel dabei? Erst recht wenn man zu einer mehrere hundert Kilometer langen Wanderung aufbricht? Zudem ist fraglich, ob die Gummistiefel überhaupt ausreichend hoch sind. Durch meine Vorrecherche und gefundene Fotos hatte ich eine solche Herausforderung erwartet und war dazu bereit für die letzten 100m in meine Badelatschen zu wechseln und mir die Wanderschuhe unter die Arme zu klemmen. Kleiner Tipp falls mir diese einmal jemand nachmachen sollte: In Badelatschen durch das kniehohe Wasser zu waten mag einfach klingen, hatte jedoch einen kleinen Haken. Der Schlick auf dem Grund wollte vor jedem Schritt meine Flipflops nicht mehr hergeben, die Schuhe klebten förmlich unter Wasser im Boden fest. Jeder Schritt vorwärts kostete enorme Kraft und an der Fußoberseite wurden die Riemen der Schuhe immer unangenehmer. Ich hatte schließlich Angst die Riemen meiner Badelatschen zu zerreißen und ging einen Schritt weiter: Ich zog nun auch die Badelatschen aus und ging Barfuß weiter. Der Schlick war schließlich schön weich und nicht unangenehm. Schritt für Schritt tastete ich mich weiter. Mit einem vollen Wanderrucksack auf den Schultern, den schweren Wanderstiefeln in einer Hand und mit der anderen an der Tunnelwand entlang tastend, gelangte ich schließlich aus dem Tunnel heraus. Diese letzten 100m kam ich sprichwörtlich nur im Schneckentempo vorwärts. Zu meinem Unglück warteten bereits zwei andere Wanderer neugierig hinter dem Tunnelausgang am Rand der Pfütze. Sie hatte das Licht meiner Taschenlampe schon vor einiger Zeit gesehen und waren gespannt wer sich da durch den Tunnel auf sie zu bewegte. Es gab also kein Zurück und es war auch nicht die Zeit hilflos zu wirken. Augen zu und durch.
Tunnelmarke bei Kilometer 2,000
Auf den letzten ca. 1,5 Kilometern verläuft der Tunnel gerade ohne Kurve. Der ausgang ist schon zu sehen, aber noch immer knapp 20 Minuten entfernt.
Zum Ende hin steht mehr und mehr Wasser in der Tunnelrohre und fließt nicht ab. Ein trockener Pfad ist bald nicht mehr vorhanden.
Wegen dieser großen Pfütze umkehren? Nein, lieber Augen zu und durch. Barfuß legte ich die letzte Meter durch diese Pfütze mit schlammigen Untergrund zurück.
Geschafft. Endlich am Südportal des Tunnels angekommen.
Knapp 400m hinter dem Tunnelportal endet die Bahntrasse. Die Bauarbeiten ab der Departementgrenze waren minimal und es gibt kaum noch sichtbare Spuren. Auf Straßen und Feldwegen ging es noch an diesem Tag ein paar Kilometer weiter bis zum Kratersee Le Lac-d’Issarlès und am folgenden Tag erreichte ich schließlich den finalen Ausgangspunkt für meine GR3 Wanderung. Die zwei Tage auf der Transcevenole waren eine willkommende Abwechslung und der Tunnel de Présailles hält nun den Rekord als mein längster durchwanderter Tunnel. Schon lange hatte ich mit einem Besuch dieser Strecke geliebäugelt und konnte dies nun umsetzen. Immerhin ein Erfolg in diesem verrückten Jahr 2020.
Kurz hinter dem Tunnel endet die Bahntrasse. Die Bauarbeiten im Departement Ardeche waren nur an drei Tunnel gestartet worden und kamen nicht darüber hinaus. Ab hier geht es zum GR3 Startpunkt auf Straßen und Feldwegen weiter.
Übertritt vom Departement Haute-Loire nach Ardeche.
Der Mont Gerbier de Jonc. Hier am Fuße des Berge beginnt der ca. 1.250km lange GR3 Wanderweg. Er wird sich groß an der Loire ausrichten und bis zum Atlantik führen
Ausblick vom Mont Gerbier de Jonc
Unterhalb des Berges in einem Souvenirgeschäft befindet sich die Loirequelle.
Der GR3® ist der älteste der französischen Fernwanderwege. Er folgt dem Verlauf der Loire über rund 1.250 km, von der Quelle am Mont Gerbier-de-Jonc bis nach La Baule, wo der Fluss in den Atlantischen Ozean mündet.
Zwar habe ich auf der Transcevenole viele Fotos gemacht, war jedoch einzig mit meinem Smartphone ausgestattet. Eine umfassende Reportage zu dieser Strecke werde ich daher nicht liefern können. Und um ehrlich zu sein, so toll ist eine Streckenwanderung ohne Schienen nicht.
Die Transcevenole blieb schließlich jedoch nur ein kleines Kapitel und es folgten im Herbst noch weitere Gelegenheiten zum Bahntrassenwandern. Im September und Oktober konnte ich endlich dazu übergehen mich wieder als richtiger „Railwalker“ zu betätigen. Natürlich konnte ich den Zeitverlust vom Frühjahr nicht mehr aufholen. Zudem hatte ich es im Oktober bereits mit kürzeren Tagen zu tun und die Nächte im Zelt wurden auch nicht wärmer. Entschädigte wurde ich dafür durch die tollen Herbstfarben der Natur. So kann ich abschließend für 2020 die „Bewanderung“ folgender Bahnstrecken vermelden:
Durch einen Klick auf die Namen gelangt man zur Vorschau „Bericht von unterwegs„:
Erfahrungsgemäß eignet sich nicht jede Strecke für eine ausgedehnte Fotoserie. Die ersten beiden Linien in der Liste waren z.B. wettertechnisch ein totaler Reinfall. Hier war es wichtiger den Regenschirm zu halten als die Kamera. Ein erneuter Besuch wäre angebracht. Zwei weitere Linien waren Wiederholungsfälle und ich hatte über beide Strecken bereits umfangreich berichtet (siehe unten). Hier waren die Veränderungen Überschaubar und ich wollte nur mal sehen, wie sich die Vegetation auf den Linien vorarbeitet. Zwischen Limoux und Saint-Martin-Lys war ich zwar ebenfalls 2019 unterwegs, habe die Fotos aber noch nicht veröffentlicht. Zusammen mit den Fotos von diesem Jahr habe ich aber nun mehr als genug Material und aus dieser Linie eine tolle Fotoreportage zu erstellen. Irgendwann diesen Winter wahrscheinlich 🙂
Streckenwanderung auf dem 31 Kilometer langen Streckenabschnitt zwischen Oyonnax und Saint-Claude Geschichtlicher Abriss: Die 123km lange eingleisige Eisenbahnlinie, die überwiegend im Département Jura liegt, wurde ab dem Jahr 1867 errichtet. Der Lückenschluß – und damit die durchgehende Befahrbarkeit – wurde im Jahr 1912 erreicht, als der letzte Abschnitt Saint-Claude – Morez in Betrieb ging. Auf„Streckenwanderung: Oyonnax – Saint-Claude, April 2019“ weiterlesen
Verteilt auf 4 Tage wandere ich im Juni 2017 auf der 30km langen Schmalspurstrecke von St-Georges-de-Commiers nach la Mure. Die Bahn trägt auch den Namen „Chemin de fer de la Mure“, Abkürzung SGLM. Auf dieser 30km langen Strecke endete im Jahr 2010 auf tragische Weise der Verkehr der gleichnamigen Museumsbahn. An einer schwer zugänglichen, sehr„Streckenwanderung: Chemin de fer de la Mure“ weiterlesen
Die Schienen zwischen Sain-Bel – Sainte-Foy-l’Argentière sind ein Teil der 78km langen Bahnstrecke Lyon-Saint-Paul – Montbrison. Ein Teil der Strecke ist heute schon länger stillgelegt, andere Teile sehen noch heute regelmäßigen Personenverkehr.
Auf dem 17km lange Abschnitt zwischen Sain-Bel und Sainte-Foy-l’Argentière gab es von 1989 bis 1998Museumfahrten vom Verein Chemin de fer touristique de la Brévenne (klick). Der Verein ist bemüht die Fahrten wieder aufzunehmen, doch die Aussichten dazu stehen nicht günstig. knapp 13 Kilometer der Strecken hatten bis Ende 2019 noch regelmäßigen Güterverkehr, ausgeführt von der SNCF. Bedient wurde zwei Steinbrüche, von denen Zuschlagsstoffe per Zug abtransportiert wurden. Die nötigen Investitionen in die Strecke konnten nicht finanziert werden und somit endete der Verkehr nun Anfang2020. Fortan werden die Steinbrüche ausschließlich per Lkw angefahren. Es wird mit 9.000 zusätzlichen Fahrten pro Jahr gerechnet.
Vor Ort waren an Bahnhöfen und Bushaltestellen diese Plakate zu finden, die auf die zusätzliche LKW-Belastung hinweisen und einen Fortbestand der Strecke fordern. Auf Facebook gibt es ebenfalls eine Gruppe hierzu:
Bei meinem Besuch Mitte August 2020 war kurz hinter den Bahnhof von Sain-Bel bereits ein Prellbock ins Gleis gestellt worden: Es werden also schon jetzt vollendete Tatsachen geschaffen. Die Strecke ist schön gelegen, viele Kilometer liegen abseits der Straße (diese ist aber oft in Hörweite). Es gibt zwei eher kurze Tunnel zu entdecken und mehrere Viadukte. Das längste – und auch von der Straße aus gut sichtbare – Viaduc de Vercherin sei hier besonders zu nennen. Die Gleisanlagen und auch die Ausstattungen der Unterwegsbahnhöfe Bessenay und Courzieu-Brussieu sind bereits aus das nötigste reduziert worden.
Die 4 Kilometer vom letzten Gleisanschluß bei Mont Pancu bis nach Sainte-Foy-l’Argentière wurden seit einigen Jahren nicht mehr befahren. Einen Versuch diesen Abschnitt zu Fuß zu erkunden musste ich abbrechen – die Vegetation war bereits zu stark geworden. Der Verein ist mit allen seinen Fahrzeugen nun im Bahnhof Sainte-Foy-l’Argentière eingeschlossen und hat diesen die letzten Jahre nicht mehr verlassen dürfen. Weiter südlich von Sainte-Foy-l’Argentière ist die Trasse bereits abgebaut.
Aufgefallen ist mir bei meiner Streckenwanderung, dass die Bahnlinie fast völlständig mit Schienen aus den USA ausgestattet ist. Die Walzzeichen zeigen die Jahre vom Zeitraum 1915 – 1918. Offenbar [Vermutung] hatte Frankreich im Laufe des erstens Weltkrieg die Schienen demontiert, da der Stahl für die Landesverteidigung benötigt wurde. Erst amerikanische Hilfslieferungen machten einen Wiederaufbau möglich. Dass diese Schienen bis heute noch 100 Jahre später hier zu sehen sind zeigt, wie gering der Verkehr auf der Strecke war und wie niedrig die Investitionen gehalten wurden.
Die Strecke von Oyonnax nach Saint-Claude kommt meinen Blog -Lesern vielleicht bekannt vor. Schon 2019 wanderte ich auf dieser Strecke und erstelle dazu auch hier einen Beitrag (hier). Zudem gab es bereits eine umfassende Fotoreportage, die ich im Forum Drehscheibe-Online.de eingestellt habe (Link).
Die 31km lange Bahnstrecke ist recht schön gelegen und so habe ich mir vorgenommen noch öfters mal hierher zurück zu kehren und den weiteren Verfall dieser Strecke zu dokumentieren. Mitte August 2020 war es soweit und ich stattete einem Teil der Strecke einen zweiten Besuch ab. Die Vegetation arbeitet sich weiter voran und es liegen nun auch ein paar umgefallene Bäume auf den Schienen. Doch zusammenfassend ist die Strecke weiterhin sehr gut begehbar.
Weitere Fotos folgen vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt. Nach meinem Besuch 2019 waren die Veränderungen noch recht überschaubar und es lohnt noch nicht hier eine weitere unfangreiche Fotoreportage zu erstellen. Fotografiert habe ich jedoch wieder so einiges.
Die 123km lange eingleisige Eisenbahnlinie, die überwiegend im Département Jura liegt, wurde ab dem Jahr 1867 errichtet. Der Lückenschluß – und damit die durchgehende Befahrbarkeit – wurde im Jahr 1912 erreicht, als der letzte Abschnitt Saint-Claude – Morez in Betrieb ging. Auf der gesamten Linie gibt es 31 Tunnel. Die Konzessionen gingen an die Firma „Compagnie des chemins de fer de Paris à Lyon et à la Méditerranée“ (kurz PLM), die auch den Betrieb der Strecke bis zur Eingliederung in die SNCF im Januar 1938 ausführte. In Ermangelung von Modernisierungsarbeiten war für den Zeitraum 2015-2016 die Schließung des Abschnitts zwischen Oyonnax und Saint-Claude geplant. Der Planvertrag für die Region Rhône-Alpes für den Zeitraum 2015 – 2020 sah die Finanzierung der erforderlichen Arbeiten auf mehreren kleinen Strecken vor, unter anderem zwischen Saint-Claude und Oyonnax (in Übereinstimmung mit Region Franche-Comté). Am 10. Dezember 2017 schloss der Abschnitt jedoch endgültig, da für die durchzuführenden Renovierungsarbeiten keine finanziellen Mittel zur Verfügung standen.
Im Jahr 2019 besuchte ich die La Mure Bahn (voller Name „Chemin de fer de la Mure“) erneut. Aus meinem ersten Besuch 2017 hatte ich bereits eine umfangreiche Fotoreportage zu dieser Strecke erstellt (siehe hier). 2021 soll ein Teil der Strecke wieder in Betrieb genommen werden. Kurz nach meinem 2019er Besuch begann man auf dem unteren Streckenabschnitt mit dem Abbau der Gleise. Es scheint, dass mit der geplanten Wiederinbetriebnahme der oberen Hälfte der Strecke hierzu der untere Teil „geopfert“ wird. Viele noch brauchbaren Schienen wurden entfernt. Teilweise wurden auch die Holzschwellen – so weit noch in gutem Zustand – abgetragen. Die über die letzten Jahre in einem Tunnel geparkten Züge werden nur teilweise für das neue Betriebskonzept gebraucht. Alle nicht mehr benötigten Fahrzeuge stehen nun im Bahnhof St-Georges-de-Commiers und sind bereits übel zugerichtet worden. Wegen dieser neuen Entwicklung machte ich mich im August 2020 auf einen kleinen Abstecher nach St-Georges-de-Commiers um mir die nun gerupfte untere Hälfte der Strecke erneut anzusehen. Anbei ein paar Fotos:
Eigentlich hatte ich noch nicht mit meinen Streckenwanderungen begonnen und weilte nur für eine „normale“ Wanderung in Frankreich. Dennoch kam ich in der Nähe von Nevers nicht umher den Schienen zwischen Clamecy nach Étais-la-Sauvin einen Besuch abzustatten. Die 8 Kilometer zwischen Étais-la-Sauvin und Entrains habe ich mir nicht angesehen, hier wurde der letzte Güterverkehr bereits 2013 eingestellt. Vermutlich ist dieser Abschnitt durch die Vegetation auch schon nicht mehr begehbar. Eine kleine Vorschau gibt es nun hier zu sehen.
Der zuletzt noch bestehende Getreideverkehr zum Silo in Étais-la-Sauvin war im Jahr 2019 letztmalig gefahren und wurde 2020 nicht mehr aufgenommen. Der Grund ist mir nicht bekannt, vielleicht war es eine Überalterung der Strecke. Weit überwiegend habe ich auf der Linie Schienen aus den Jahren rund um den Bau der Strecke gefunden. Diese waren nun bereits knapp 125 Jahre alt.
Eröffnet wurde der von mir besuchte Streckenteil im Jahr 1893, die Strecke war von Anfang an zweigleisig. Betreiber war die Privatbahn PLM. Der Personenverkehr endete schon im Jahr 1938. In der Besatzungszeit wurde die Strecke 1943/1944 auf ein einzelnes Gleis zurückgebaut (vermutlich auf Veranlassung der Deutschen).
Eine umfangreiche Auswertung wird hier zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden. Eventuell werde ich dazu noch einen weiteren Besuch auf der Linie unternehmen. Hier aber bereits eine kleine Vorschau an Fotos, aufgenommen Anfang September 2020.