Bericht von unterwegs: Verdun – Valmy

Für die letzte Streckenwanderung des Jahres 2021 reiste ich nach Verdun. Nach einer Nacht im Hotel wegen des schlechten Wetters, ging es für drei Tage auf eine Streckenwanderung zum 46 Kilometer entfernten Bahnhof Valmy.

Der Personenverkehr zwischen Châlons-en-Champagne und Verdun wurde im Jahr 2013 wegen zu geringer Fahrgastzahlen ausgesetzt und auf die Straße verlagert. Fortan war die Linie nur noch für den Güterverkehr geöffnet. Mittelfristig war die Linie wegen des schlechten Gleiszustandes sowieso gefährdet.

Nachdem 2019 der Güterverkehr von Verdun nach Baleycourt eingestellt wurde, ist der gesamte Abschnitt von Verdun nach Valmy ohne Zugverkehr. Von Chalons-en-Champagne aus verkehren noch Güterzüge nach Valmy um ein Getreidesilo zu bedienen. Auch 2021 erfolgten diese Bedienfahrten.

Die von mir besuchte Bahnstrecke wurde zwischen den Jahren 1867 und 1870 eröffnet und damit gerade noch vor Beginn des Krieges von 1870/71. Mit dem Bau sollten auch die Städte Reims und Metz besser an Paris angebunden werden, da die bisherige Bahnlinie Paris–Strasbourg dies nicht tat.

Mit dem Frankfurter Frieden am 10. Mai 1871 war die deutsch-französische Grenze verschoben und die Festungsstadt Metz ging mit Elsas-Lothringen an das Deutsche Reich. In der Folge sollte Verdun als neuer französischer Vorposten der französischen Außengrenze stark ausgebaut werden. Auch der strategische Ausbau der Bahnanlagen ging damit einher. Im Jahr 1880 wurde das zweite Streckengleis eröffnet und in Sainte-Menehould entstanden weitreichende Umfahrungs- und Verbindungsstrecken um den Bahntransport zu beschleunigen. Sainte-Menehould wurde durch eine weitere Nord-Süd-Strecke zu einem Knotenpunkt.

In Sainte-Menehould wurden aus strategischen Erwägungen umfangreiche Verbindungsstrecken errichtet, um den Zugverkehr zu beschleunigen. Der eigentliche Bahnhof konnte so umfahren werden.
Der Bahnhof von Verdun. Zum Zeitpunkt meines Besuches gab es keinen Zugverkehr wegen Bauarbeiten.

In Folge der vielen stillgelegten Bahnstrecken herrscht am Busbahnhof von Verdun gerade für den Schülerverkehr eine große Betriebsamkeit. Binnen 5 Minuten verließen über 20 Busse den großzügig angelegten Busbahnhof.

Verdun besitzt nur noch eine einzige mit Personenverkehr erhaltene Bahnlinie (Richtung Westen nach Metz). Die Nord-Süd-Strecke Lérouville–Pont-Maugis ist stillgelegt. Auch die grün eingezeichnete Linie nach Baleycourt ist nun vollständig ohne Zugverkehr. Dies war früher die Achse Richtung Paris.
Ausblick auf das Bahnhofsareal. Für den geringen Personenverkehr nach Metz und die wenigen Güterzüge nach Dugny-sur-Meuse ist der heutige Bahnhof von Verdun stark überdimensioniert.
Schon kurz hinter Verdun ist auf der Bahnlinie Richtung Sainte-Menehould hohes Gras im Gleis zu sehen, wie hier bei Bahnübergang Nummer 106.

Stellenweise sieht das Streckengleis noch sehr gut aus. Das zweite Streckengleis wurde in den 70er Jahren nach und nach abgebaut.
Viele der Schienen haben bereits ein beträchtliches Alter erreicht, wie z.B. dieses Exemplar aus dem Jahr 1914.
Bei Baleycourt liegt ein größerer Industriebetrieb neben der Strecke. Bis 2019 wurden hier noch Güterwagen zugestellt.

In Baleycourt befindet sich eine Fabrik die Milchprodukte herstellt. Man kann dies bereits fernab am Geruch ausmachen. Bis 2019 wurde der Betrieb von der SNCF mit Güterwagen versorgt. Seit 2019 erfolgt kein Bahntransport mehr (Grund unbekannt). In der obigen Gleiskurve befanden sich im ersten Weltkrieg Abzweigungen zu mehreren Schießkurven für Eisenbahngeschütze. Natürlich war im Jahr 2021 davon nichts mehr zu erkennen.

Im Oktober 2021 war ein Abbautrupp mit einem Zweiwegebagger damit beschäftigt, noch brauchbare Schienen abzubauen.

Alle noch an anderer Stelle verwendbare Schienen wurden mit Sprühfarbe markiert und dann abgebaut. Zurück bleiben nur die nicht mehr verwertbaren Schienen.

Zwischen Baleycourt und Dombasle-en-Argonne.

Beschilderung an einem der Bahnübergänge.

Während bei Baleycourt bereits mit dem Ausbau noch brauchbarer Schienen begonnen wurde, ist an anderer Stelle der Schienenstrang ebenfalls unterbrochen. Wo immer die Fahrbahn erneuert wird, fliegen die alten Schienen raus.

Ausblick von einem Signalmast auf das Streckengleis, ca. 600m von Clermont-en-Argonne entfernt.

Westlich von Clermont-en-Argonne sind mit bloßem Auge gravierende Gleislagefehler zu erkennen. Ob dies ein Grund für die Aussetzung des Zugverkehrs war? Die Gleislage ist mitunter abenteuerlich.

Zwischen Les Islettes und Sainte-Menehould liegt der einzige Tunnel der Strecke. Er trägt den Namen Tunnel des Islettes ou de l’Argonne und ist 785m lang. Nachdem die Linie erst eingleisig eröffnet wurde, musste beim Bau des zweiten Streckengleises eine weitere Tunnelröhre errichtet werden. Beide Röhren sind über mehrere Querstollen miteinander verbunden.

An einer Brücke vor dem Bahnhof von Sainte-Menehould prankt ein schönes altes Stationsschild

Der Bahnhof von Saint-Menehould liegt nun seit mehreren Jahren verwaist. Zu Glanzzeiten konnten Züge aus vier verschiedenen Richtungen den Bahnhof erreichen. Entsprechend umfangreich waren die Gleisanlagen. Dazu kamen verschiedene Verbindungskurven um den Verkehr zu beschleunigen.

Ab Sainte-Menehould weiter nach Valmy ist der Bahndamm einfach begehbar, jedoch breitet sich auch hier immer mehr die Vegetation aus. Bei tief stehender Sonne am Abend läßt sich gut ein Blick auf die Walzzeichen werfen. Viele Schienen liegen hier bereits seit über 100 Jahren.

Von Sainte-Menehould bis Valmy verläuft die Bahnlinie 9 Kilometer durch die Landschaft ohne einen anderen Ort zu streifen.

In Valmy wird noch regelmäßig ein Getreidesilo aus Richtung Saint-Hilaire-au-Temple angefahren. Auch 2021 wurde dieser Verkehr noch aufrechterhalten. Am Gleis zu sehen war eine sehr seltene Flankenschutz-Vorrichtung, die bei Bedarf (in Abhängigkeit der Signale) eine Knallkapsel auf die Schiene legt.

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